Was nehme ich mit, wenn mein Leben zu Ende geht? „Koffer für die letzte Reise“ haben jetzt die Schüler und Schülerinnen der Klasse 10a am Friesoyther Albertus-Magnus-Gymnasium gepackt und nehmen damit am gleichnamigen Projekt des Cloppenburger Hospizes „Wanderlicht” teil. Foto: west

Von Gaby Westerkamp

Friesoythe/Cloppenburg
So lange sie zurückdenken kann, stand der kleine Engel immer zu Hause in der Küche. Diesen Begleiter seit frühesten Kindertagen möchte Anna-Lena dabei haben, wenn ihre Zeit auf Erden einmal zu Ende geht. Und deshalb musste die kleine Figur unbedingt mit in den Koffer, den sie zusammen mit ihren Freunden gefüllt hat – mit Erb- und Erinnerungsstücken, Lebensbegleitern, persönlichen Meilensteinen. Die vier Koffer, die die Jugendlichen in Gruppen zusammengestellt haben, verraten die Tiefe ihrer Gedanken zu einem Thema, das gerade in diesem Alter kein einfaches ist. Die eigene Endlichkeit ist fern, das Leben fängt ja gerade erst an.
Doch sie haben sich da ran getraut, im Rahmen eines freiwilligen Alternativ-Unterrichtes mit ihrem Religionslehrer Marcus Chaveriat. Auch der war beeindruckt vom Ergebnis der Gruppenaufgabe und freut sich, dass das Wanderlicht-Team entgegen der ursprünglichen Planung nicht nur einen, sondern alle vier Koffer in seiner Ausstellung haben will. Diese wird zum Welthospiztag am 9. Oktober im Cloppenburger Kulturbahnhof eröffnet und zeigt bis Mitte November „Letzte-Reise-Gepäck” von verschiedensten Menschen quer durch die Gesellschaft.
Der Strand ist die letzte Station vor dem Meer – Inbegriff des Lebens, auch nach dem Tod. Deshalb hat eine Gruppe ihren Kofferboden mit feinem Sand gefüllt, ein Kieselsteinweg mittendrin, flankiert von Familienfotos, einem allerersten Schulzeugnis als i-Dötzchen, alten Gymnastikschuhen und einem Werder-Trikot. Das muss alles mit, wenn es rübergeht ins „Danach“. Was sie dort erwartet, wissen sie nicht. Ihr christlicher Glaube lässt sie aber zuversichtlich neue Wege erwarten. Und neue Türen. Um die dann öffnen zu können, hat Nikolas einen uralten Schlüssel in den Koffer seiner Gruppe gepackt. Darin liegen auch ein Schulfüller, das Fußball-WM-Maskottchen Goleo und ein leeresn Blatt Papier – „um unsere Geschichte weiterschreiben zu können”, sagen die Jungs: „Da kommt ja noch was”.
Ellas Papa bringt ihr aus jedem Urlaub eine Muschel mit. Daran hängt sie, also rein in den Schottenkaro-Koffer. Im Deckel umkränzt eine Lichterkette Fotos von Familie und Freunden, ein Ring von der Oma ist auch dabei. Neben viel Herz haben die Teenager in alle vier Koffer ideell wertvolle Sachen gelegt: „Man hat uns hoch und heilig versprochen, dass wir das alles zurück bekommen.” Herr Chaveriat nickt beruhigend. Einige haben aber doch lieber nur ein Bild von ihren wichtigsten Schätzen hergegeben.
Plüschhuhn und Fußballschuhe, Reiterschleife, Geigensaite, Schmuckstücke, Gebete-Würfel und noch einiges mehr: Der vierte Koffer ist ganz schön voll. Aber jedes Teil hat seine Geschichte, deshalb haben die Schüler/innen gleich ein kleines Handbuch dazu geschrieben. Auch zu den anderen Koffern haben die Schüler ihre Gedanken notiert. War ein „komisches Gefühl”, sagt Bastian, wo doch der Tod – hoffentlich – noch weit weg ist. Das Projekt hat ihren Blick geschärft für das, „was wirklich wichtig ist”, so Felix, Alltags-Probleme sind es nicht. Sondern „Familie und Freunde, Menschen, die einen gern haben”, bringt es Dorothee auf den Punkt. Und diese Menschen wollen sie bei sich haben, wenn sie irgendwann wirklich für immer einschlafen – und bis dahin leben und das Leben wertschätzen.