Das Cloppenburger Inselviertel verliert seinen Charakter. Mittendrin werfen mehrstöckige Wohnblöcke Schatten auf die vertraute Eigenheim-Idylle. Und dagegen wehren sich jetzt Anwohner in einer neu gegründeten Interessengemeinschaft. Das Problem ist aber keine „Insel”: Auch in anderen Cloppenburger Wohngebieten lassen veraltete Bebauungspläne Kapitalinvestoren freie Hand für große Neubauten, die hier so nie vorgesehen waren. Wir haben nachgehakt.

An solchen mehrstöckigen Wohnkomplexen, hier an der Wangeroogestraße, stören sich die Mitglieder der Interessengemeinschaft Inselviertel. Foto: ak

ak/west Cloppenburg.
Leben im Viertel: Ein ruhiges, geborgenes Zuhause für Familien, die in gewachsenen Nachbarschaften zusammen halten, miteinander leben und feiern. Kinder spielen zusammen. In kleinen gepflegten Gärten wird gemütlich gegrillt. Man kennt sich hier, wer hierher zieht, der kommt um zu bleiben. Und wird schnell in die Gemeinschaft integriert. So ist das im Inselviertel, das in den 1960er Jahren entstand, aber auch in anderen älteren Siedlungen in der Stadt. Nicht selten seit Generationen.

Geplant und erschlossen wurden diese Wohnstraßen in einer Zeit, wo sich alles nur um das Eigenheim drehte. Dass da einer plötzlich einen leerstehenden Bungalow abreißt und auf dem überschaubaren Grundstück als Kapitalanlage einen 11,50 Meter hohen Wohnblock aufragen lässt, das war damals kein Thema. Aber jetzt gibt es immer häufiger Ärger deswegen.

Denn solche Projekte sind hochrentabel: Auf der Fläche, auf der sonst eine Familie wohnte, lassen sich auf mehreren Etagen bis zu acht Wohneinheiten realisieren – und lukrativ vermarkten. Die wirtschaftlichen Ambitionen sind nachvollziehbar. Und ebenso das Unbehagen der Nachbarn, die um das Ambiente „ihres” Viertel ebenso fürchten wie um den Wert ihrer Immobilien. So wie aktuell in der Juiststraße, wo zwei leerstehende Objekte demnächst einem wuchtigen Wohnkomplex weichen könnten. Hier stehen zwei Interessenslagen im Konflikt.

Initiatoren der Interessengemeinschaft Inselviertel (v.l.): Dr. Ludger Heuer, Olaf Clausen und Prof. Bernhard Wesenick. Foto: Privat

Die Stadt Cloppenburg sucht derweil das Gespräch mit der Interessengemeinschaft Inselviertel. Ein Austausch soll demnächst stattfinden. „Anschließend werden die Planungen konkretisiert und für eine frühzeitige Bürgerversammlung vorbereitetet”, so die Stadt auf Nachfrage unserer Redaktion. Hier können die Bürger weitere Anregungen und Bedenken anführen.

Was sagen die Kandidaten für das Cloppenburger Bürgermeisteramt?
Christiane Priester (unterstützt durch SPD und Grüne) will „kein weiteres Brennpunktgebiet in Cloppenburg schaffen”. Man benötige für das Inselviertel eine weitsichtige Planung und ein sozialverträgliches Quartierskonzept”. Wegen der aktuellen Dringlichkeit müssten nach Ansicht Priesters zügig Bebauungsplanänderungen auf den Weg gebracht werden.
In Cloppenburg gibt es aber noch mehrere Siedlungsgebiete mit ähnlich veralteten Bebauungsplänen, das bestätigte die Stadtverwaltung auf Anfrage. Allerdings würden diese erst dann überarbeitet, wenn für das jeweilige Gebiet entsprechende Planungsvorhaben anstünden.
CDU-Kandidat Neidhard Varnhorn hält eine „behutsame Verdichtung und maßvolle Veränderung der Einfamilienhaussiedlungen” grundsätzlich für „durchaus gerechtfertigt”. Es müsse aber unter Beteiligung der Bürger ein Konzept erarbeitet werden. Allen Wünschen würde man dabei wohl nicht gerecht werden können, aber „wichtig ist mir eine objektive Herangehensweise”.