Für den Tierhalter ist es oft schwierig, zu beurteilen, ob bei einem erkrankten oder verletzten Tier ein weiterer Behandlungsversuch sinnvoll ist oder ob es geboten ist, das Tier von seinen Schmerzen zu erlösen. Für dieses schwierige Thema wurden nun Schulungsmaterialien bereitgestellt. Foto: Pixabay.de

pm Hannover Schweinehalter bekommen ab sofort eine Hilfestellung bei der Entscheidung, wann ein Erlösen eines Tieres unausweichlich ist. Das Schulungsmaterial ist das Ergebnis eines Projektes für den korrekten Umgang mit schwer erkrankten und verletzten Schweinen an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo). Vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) wurde das Projekt mit 150.000 Euro gefördert.

Die Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Knast äußerte sich so zu dem Thema: „Es ist gut, dass diese wichtigen Schulungsmaterialien nun vorliegen. Die Einhaltung der Kriterien schützt die Tiere vor unnötigen Schmerzen und Leiden.“ Die Ministerin appellierte an die Betriebe, das kostenfrei vom ML bereitgestellte Material in der täglichen Arbeit im Stall zu verwenden: „Damit helfen Tierhalter nicht nur den Schweinen, sondern schützen sich selbst vor Verstößen gegen das Tierschutzgesetz.“

Prof. Dr. Elisabeth große Beilage, Leiterin des Projektes: „Wir konnten mit dem Projekt einen weiteren, wichtigen Schritt zur Verbesserung der Versorgung kranker Schweine tun. Dass wir dieses Projekt erfolgreich abschließen konnten, verdanken wir der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Tierhaltern, die uns in dem Projekt unterstützt haben und der Facharbeitsgruppe, die sich mit großem Einsatz in die Auswertung eingebracht hat“.

Untersuchungen in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte war Auslöser für das Projekt. Die Untersuchung zeigte, dass ein Teil der angelieferten Schweine tierschutzrelevante Befunde aufweist. Zu den Mängeln, die im Umgang mit kranken und verletzten Schweinen regelmäßig festgestellt werden, gehört die zu späte oder unterlassene Tötung von schwer und unheilbar erkrankten Tieren. Genau dort setzt das Schulungsmaterial an. Denn: Für den Tierhalter ist es oft schwierig, zu beurteilen, ob bei einem erkrankten oder verletzten Tier ein weiterer Behandlungsversuch sinnvoll ist oder ob es geboten ist, das Tier von seinen Schmerzen zu erlösen.

Insgesamt 42 Betriebe und 316 Tiere nahmen an dem Projekt teil. Bei den Schweinen wurden klinische Untersuchungen zur Erhebung der Krankheitssymptome und Untersuchen der strukturellen Veränderungen der Organe und Gewebe durchgeführt. Die Befunde wurden dokumentiert und daraus entstand Foto- und Videomatieral, dass durch 26 Experten ausgewertet wurde. Für insgesamt sieben relevante Krankheits-/Verletzungskomplexe definierte das Team der TiHo spezifische Kriterien, die Tierhalter und Tierärzte zukünftig bei der Entscheidung über eine Tötung berücksichtigen können und die es erlauben, eine rechtzeitige von einer zu späten Tötung abzugrenzen. In der Schulung werden krankheits- und verletzungsspezifische Befunde und Befundausprägungen mit umfangreichem Foto- und Videomaterial dargestellt. Dabei handelt es sich unter anderem um Krankheits-/Verletzungskomplexe am Bewegungsapparat wie Lahmheit oder auch des Atmungstraktes sowie um Beeinträchtigungen des Ernährungszustandes.

Dr. Karl-Heinz Hölle (Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands, ISN-Projekt GmbH): „Kranke oder verletzte Tiere können in jedem Haltungssystem auftreten – ausschlaggebend ist der richtige Umgang mit diesen Tieren. Die Entscheidung, wann die Nottötung eines kranken Schweines geboten ist, muss bei jedem Einzelfall genau abgewogen und dann fachgerecht umgesetzt werden – im Sinne des Tierschutzes. Die im Projekt erarbeiteten Ergebnisse bieten eine wertvolle Hilfestellung und bringen ein Stück weit Entscheidungssicherheit, indem zahlreiche Grenzfälle mit Bildern beschrieben und eingeordnet wurden.“

Hubertus Berges, Mitglied Landvolk Niedersachsen: „Die Umsetzung dieses Erkenntniszuwachses in die Praxis kann nur gemeinsam mit den praktizierenden Tierärzten und den Tierhaltern gelingen. Als Landvolk stehen wir hier selbstverständlich flankierend zur Verfügung.“

Hier kann das Schulungsmaterial heruntergeladen werden.