„Schweren Herzens” hat die Clubchefin des AC Vechta im Dezember ihren Rücktritt erklärt. Und das wortwörtlich: Denn tatsächlich muss Sylvia Wollering aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten und stellte deshalb ihren Posten zur Verfügung. Im Sommer wird der Bahnsport-Verein einen neuen Vorstand wählen; bis dahin leitet der stellvertretende Vorsitzende, Andreas Meyer, den AC kommissarisch.

Vor der Doppel-WM 2019 verabschiedete AC-Clubchefin Sylvia Wollering den damals scheidenden Vechtaer Bürgermeister Helmut Gels. Nun geht sie selbst in den „Ruhestand”. Foto: west/Archiv

west Vechta. „Mach dich schick, ich will dir was zeigen.” Mit diesen Worten schleppte Heinz Wollering seine damals frisch verliebte Herzensdame an einem Hochsommer-Sonntag 1970 ins Reiterwaldstadion: Premiere für den Motorrad-Bahnsport in Vechta, damals noch auf einer Graspiste: „Es war brüllend heiß, abends war ich pottendreckig, sonnenverbrannt und völlig fertig.” Und doch hat es die spätere Gattin des langjährigen Sportleiters gepackt – das Methanol-Fieber, das alle eingefleischten Bahnsport-Fans kennen. Denn sie blieb dabei: „Mein Heinz und ich waren seitdem auf so ziemlich allen Rennbahnen der Szene”, erzählt die heute 70-Jährige. Mit ihrem Mann fand und förderte sie eines der erfolgreichsten Talente des heimischen Motorradsports, den Lohner Lukas Fienhage. Der traf als fünfjähriger Steppke mit seinem Vater Uwe beim Autocross in Steinfeld auf die Wollerings: Heinz „bequatschte meinen Papa, mir ein Motorrad zu kaufen. Kurz danach stand dann eine PW 50 in der Garage und die Reise ging los”, erinnerte sich der heute 22-jährige Profi-Racer im Interview mit dem Portal www.bahnsport-info.de an seine Anfänge.

Sylvia Wollering war etliche Jahre schon als Schriftführerin und Rennbüro-Leiterin im Club unentbehrlich, als sich 2017 der damalige Vorsitzende Ludger Spils nach 34 Jahren zurückzog. Sylvia trat seine Nachfolge an, immer unterstützt von ihrem Mann als Sportleiter. Gemeinsam starteten sie mit ihrem Team 2017 die inoffizielle WM-Revanche und organisierten 2018 das Jubiläumsrennen zum 50-jährigen Bestehen des AC.

Für September 2019 holten sie sogar gleich zwei Weltmeisterschaften im Paket nach Vechta: Die „Youth Gold Trophy” und die Team-WM. Heinz Wollering hat diesen Event nicht mehr live im Stadion miterleben können, er starb kurz darauf nach schwerer Krankheit.

Es war auch sein Wunsch gewesen, dass Sylvia Wollering ihren Weg als Vorsitzende weiter geht und nach der Corona-Absage 2020 organisierte der Club unter ihrer Führung 2021 mit dem Finale der Deutschen Langbahnmeisterschaft und dem WM-Grand-Prix der Langbahn-Solisten 2022 zwei weitere hochrangige Prädikate. Und feierte mit Lukas‘ WM-Titel 2020 und dem Junioren-Champion Lester Matthijssen 2021 gleich zwei Clubfahrer als Weltmeister.

Nun aber muss auch Sylvia ihre Kräfte schonen und gibt die Verantwortung weiter an die nächste Generation des Vereins und das mit einem lieben Gruß an alle Fans, Fahrer und Funktionärskollegen: „Habt Dank für alles, was ich mit und durch euch erleben durfte, liebe Bahnsportwelt”.

Und wenn am 9. September samstagsabends das Flutlicht im Reiterwaldstadion aufblendet und internationale Sandbahnpiloten aller Klassen zum Kampf um das „Goldene Hufeisen” antreten, dann wird die ehemalige Chefin ganz sicher im Fahrerlager und auf der Tribüne mitfiebern.